My Camino Orlèans – Bayonne
Hinweise und Links auf die übrigen, realen Etappen finden Sie / findet Ihr hier.
Zweiundzwanzigster Tag, Sonntag 3. Juli 2016
Bis in das 18. Jahrhundert befand sich Bouin noch auf einer Insel (Île de Bouin). Erst mit der Trockenlegung der Salzwiesen wurde diese Insel zum Festland.
Etappe La Bernerie-en-Retz – Bouin
La Bernerie-en-Retz, Les Moutiers-en-Retz, Bouin
La Bernerie-en-Retz – Bouin 23 Fahrradkilometer
Streckenabschnitt insgesamt: 657 Fahrradkilometer
Tatsächliche Route vom Sonntag, den 3. Juli 2016
La Bernerie-en-Retz – Bouin
Maximale Höhe: 33 m
Minimale Höhe: 2 m
Gesamtanstieg: 225 m
Gesamtabstieg: -244 m
My Camino am Sonntag, den 3. Juli 2016
Um kurz nach halb 10 Uhr sind wir beim Fahrradmechaniker. Er tauscht meine Pedalen aus. Um das Ergebnis ansatzweise vorwegzunehmen: „Es knackt jetzt „leiser“ und scheinbar nur noch vom Sattel?“
Es sind 17 °C und der Himmel ist grau in grau. Feiner Nieselregen begrüßt uns auf der geänderten Streckenführung. Wir verzichten auf den geplanten Hügel und fahren direkt durch die Küstenorte auf der D97 und im Anschluss durch die Salzwiesen. In Les Moutiers-en-Retz ist neben der Église Saint-Pierr sonntäglicher Markt. Dadurch verfransen wir uns leicht, da der Kirchplatz gesperrt ist. Nach einem kurzen Schlenker fahren wir jedoch durch den Nieselregen angetrieben zügig weiter. Sehr schöne Landschaftsbilder ziehen an uns vorbei. Salzwiesen mit Entwässerungsgräben, Salinen, Dünen, Nadelwälder, Felder mit Getreide und immer wieder Salzwiesen mit ihren Entwässerungssystemen. Leider nur überhaupt kein Fotografier-Wetter. An der Küstenlinie sehen wir im Nebel des Nieselregens ab und zu ein großes Schiff – oder sind es Fata Morgana im Nebel?
Nach Querung des Küstenflusses Le Falleronc ändern wir spontan erneut unser heutige Etappenführung. Da der Wind zunimmt und zwischendurch der Nieselregen immer mal wieder einsetzt, kürzen wir über eine Nebenstraße die Anfahrt auf Bouin ab. Wir verzichten auf die Fahrt an der Wasserkante auf dem Euro Velo 1 (Velodyssée) und somit auf ein Stück am Golf von Biskaya (Golfe de Gascogne).
Wir nehmen statt dessen die wenig befahrene D181. Dadurch verkürzen wir unsere Etappe von geplanten 31 km auf reale 23 km. Das ist bei dem in Böen kräftigen Gegen- und Seitenwind für uns Herausforderung genug. Im Nieselregen und Nebel taucht die Kirche von Bouin am Horizont auf. Und die ist real. Wir freuen uns und passieren die Steigung in den Ort mit Rücken- und Seitenwind schnell.
Wie erwartet ist neben der Kirche ein Gasthaus (Tabak, Lotterie, Bar). Hier ist es warm und trocken und die ungefähr 40 Stühle der Bar sind nahezu vollständig besetzt. Das Publikum ist gemischt – Einheimische und Touristen. Mir fällt die hohe Quote an Frauen ins Gesicht. Auch einige Gruppen gut gekleideter Damen der Generation 70 plus nehmen hier ihren Kaffee und Rose. Wir bekommen auch noch einen Platz und wärmen uns bei zwei, drei großen Kaffee auf. Dabei beobachten wir das interessante Treiben. Die Frequenz ist beachtlich. Sonntagmittag in einer Kleinstadtkneipe in Frankreich – irgendwie anders diese Welt.
Durch die Abkürzung und ohne die sonst üblichen Pausen sind wir viel früher hier als erwartet. Wir beschließen hier im Ortskern Mittag zu essen. Bei der Ankunft an der Église Notre-Dame ist uns ein Hinweisschild auf eine Crêperie aufgefallen. Die finden wir am Ortsausgang der viel befahrenen D758. Als ich höflich lächelnd und mit zwei Fingern aufzeigend nach einem Tisch frage: „table pour deux„, erwidert die Empfangsdame am Eingang freundlich aber bestimmt: „… complet, desole„.
Also zurück nach Bouin zum Schnellimbiss. Wir essen ein halbes gegrilltes Hähnchen (demi-Poulet) mit Pommes-Frites (Frites). Das erinnert mich irgendwie an die 70er und an Tante Lene im Gasthaus Sommer in Udenhausen. Zu der Zeit waren halbe Hähnchen aus der Fritteuse eine neue Delikatesse auf unserem Dorf. Heute passte allerdings unser Mittagessen eher zum Wetter und das war schlecht – ganz im Gegensatz zu unseren bisherigen Erfahrungen hier in Frankreich.
Unsere Unterkunft ist eine ländliche Herberge etwas außerhalb von Bouin „auf einer wilden Insel“ (l’Ile Sauvage à Bouin) mitten in den Salzwiesen. Hochland Rinder (Vaches Highlands), Esel, Maultiere, Pferde, Schafe, Enten und mehr Getier grast direkt vor unserem Zimmer. Gräben, Teiche und Seen direkt daneben. Hier hätten wir besser zu Mittag gegessen. Ich hatte nicht mehr auf dem Plan, dass die Unterkunft auch über ein Restaurant verfügt. Die traditionelle Küche bietet landwirtschaftliche Bio-Produkte. Die testen wir jetzt zum Abendessen erfolgreich.
Im Laufe des Nachmittags hat sich das Wetter gebessert. Es nieselt nicht mehr und auf unsere Terrasse scheint ab und zu die Sonne. Da lassen sich die Klamotten gut trocknen.
Morgen geht’s weiter nach Saint-Jean-de-Monts. Entweder über die Insel Île de Noirmoutier und den nur bei Ebbe befahrbaren Damm Le Passage Du Gois oder über PLAN B: eine alternative Route entlang der D768. Das machen wir morgen früh vom Wetter abhängig.
Bilder des Tages
Leider heute überhaupt kein Fotografier-Wetter!
Unterkunft
Ferme Auberge L’Ile Sauvage
Le Jaunay – L’Ile Sauvage
85230 Bouin
Frankreich